PHILIPPINISCHE PFLEGEKRÄFTE

Philippinische Pflegekräfte ziehen in deutsche Heime ein

Die Oldenburger Schule BSB wirbt Fachkräfte aus den Philippinen zur Pflege in Deutschland an. Der Einsatz ist für Filipinos und für deutsche Arbeitgeber interessant. Sexuelle Belästigung und Mobbing sollen tabu sein.

Von Christoph Kiefer

06.01.2023, 16:02 Uhr

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Die Oldenburger Schule BSB wirbt Fachkräfte aus den Philippinen zur Pflege in Deutschland an. Der Einsatz ist für Filipinos und für deutsche Arbeitgeber interessant. Sexuelle Belästigung und Mobbing sollen tabu sein.

Pflege an der Puppe (von links): Kimberly Sacramento, Schulleiter Simon Ludwig-Pricha, Arlene Fazonela, Anthony Zulueta und Sabina Noha Bulalacao.

Torsten von Reeken

Oldenburg – Not macht erfinderisch – und die Not in der Pflege ist groß. Der Bremer Pflegeheim-Betreiber Convivo und das Oldenburger Institut BSB Deutschland setzen auf Pflegekräfte von den Philippinen. Am Standort des Instituts und der Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Oldenburg-Kreyenbrück sowie auf dem Campus Kloster Damme werden Frauen und Männer aus Asien auf ihr Leben in Deutschland und ihre Arbeit vorbereitet.

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Zu Besuch auf den Philippinen (von links): Janine Rosen, Ina Gean, Timm Klöpper, Enes Karic und sowie (sitzend) Partner Anchie Sipal von First Northern und der Rekrutierungsbeauftragte der philippinischen Poea.

Etwa 150 Pflegekräfte sind seit 2020 über das Oldenburger Institut bislang von den Philippinen nach Deutschland gekommen. Der Großteil arbeitet in Seniorenheimen, ein Teil in Krankenhäusern. Die meisten von ihnen unterstützen im Raum Oldenburg/Bremen, aber es gibt auch Vermittlungen in andere Bundesländer. Als examinierte Fachkraft verdienen die philippinischen Pflegerinnen und -pfleger genauso viel wie ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen: Seit den Tarifanhebungen in diesem und vergangenen Jahr und je nach Qualifikation und Berufserfahrung zwischen 3400 und 4400 Euro pro Monat.

Moderner Menschenhandel?

Menschen aus den Philippinen in deutsche Heime holen – ist das nicht moderner Menschenhandel? Ina Gean begegnet dieses Misstrauen immer wieder. Die Geschäftsführerin und Gesellschafterin betont deshalb einen Grundsatz der BSB Deutschland: „Wir verpflichten uns auf ethische Standards, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen“, sagt die Gründerin des Instituts. Null Toleranz gegenüber Diskriminierung und Zwangsarbeit gehört ebenso zu den Leitlinien wie die Verpflichtung, für ein Arbeitsumfeld ohne sexuelle Belästigung oder Mobbing zu sorgen. Die BSB darf als eine von rund 60 Gesellschaften bundesweit das vom Bundesgesundheitsministerium initiierte Gütesiegel für faire Anwerbung führen.

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EHEMALIGES BENEDIKTINERKLOSTERDas plant der Pflege-Konzern Convivo mit Kloster Damme

Christoph KieferDamme

Warum gerade die Philippinen als Rekrutierungsland? Ina Gean verweist auf die Migrationstradition in diesem Land: „Im Ausland zu arbeiten ist auf den Philippinen verbreitet und anerkannt.“ Anders als in Deutschland gebe es zu viele Pflegefachkräfte. „Viele finden in diesem Beruf keine Stelle und müssen in weniger qualifizierte Bereiche wie zum Beispiel Call-Center ausweichen.“ Die Ausbildungsstandards seien ähnlich hoch wie in Deutschland – die Arbeit werde in Deutschland aber deutlich besser entlohnt als auf den Philippinen, wo Fachkräfte in der Pflege umgerechnet zwischen 600 und 800 Euro pro Monat verdienten.

Sprachekenntnisse

Im Campus Kloster Damme werden die Pflegekräfte nach Auskunft von Schulleiter Simon Ludwig-Pricha zunächst drei bis fünf Wochen auf ihre Einsatzorte vorbereitet. Dazu gehörten Hygieneschulungen, Unterricht in fachspezifischem Deutsch, Vorbereitung auf die Kenntnisprüfung in der Pflege und auf die neue kulturelle Umgebung. Deutsch-Kenntnisse bringen die Pflegerinnen und Pfleger mit. „Ohne Abschluss mit dem Level B2 erhält im Heimatland niemand ein Visum“, sagt Ludwig-Pricha. Zudem unterstützt die BSB die Integration der ausländischen Pflegekräfte in ihrer neuen Umgebung. „Das beginnt im Heimatland mit einer guten Kommunikation mit den künftigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern“, berichtet Ina Gean. Integrationsmentorinnen und -mentoren der BSB begleiteten Fachkräfte und die Arbeitgeber.

Als Fachkraft sind die Filipinos und Filipinas berechtigt, in Deutschland zu bleiben – „und die meisten wollen das auch“, berichtet Ina Gean. „Es ist möglich, dass manche nach zwei, drei Jahren mit Berufserfahrungen in ihre Heimat zurückkehren.“ Die meisten planten aber, ihre Familien nachkommen zu lassen. „Wir hoffen, dass sie lange bleiben. Ihre Integration in den deutschen Alltag und Arbeitsmarkt ist eine wichtige Investition und eine große Chance.“

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